Oben: Das jüdische «Bilderverbot» und das künstlerische Schaffen des Judentums in der Antike und Moderne Vortrag vom 2.3.2022 zur Ausstellung «Im Namen des Bildes» Referent: Prof. Dr. em Jacques Picard (Basel/Zürich)

Die verbreitete Ansicht, Juden würden keine gemalten Bilder und künstlerischen Darstellungen erlauben, weil es im Judentum ein striktes «Bildverbot» gäbe, ist eine Zuschreibung, die aus dem europäischen Denken des 19. Jahrhunderts stammt und sich da oder dort noch länger hat halten können. Selbst bekannte jüdische Protagonisten haben diese Vorstellung zeitweise verinnerlicht. Spiegelt man diese Behauptung aber aus einer genuin jüdischen Kulturgeschichte, kommen zahlreiche Zeugnisse bildnerischen und plastischen Schaffens seit der Antike bis in die Moderne zum Vorschein – dies sowohl in religiösen wie in weltlichen Zusammenhängen. Die rabbinischen Diskurse haben dazu sehr differenzierte Ansichten vermittelt. Zwischen künstlerischen Werken, Kultbildern und Götzendienst wurde stets unterschieden. So unternimmt dieser Vortrag eine anschauliche Exkursion durch die reichhaltige Welt des jüdischen Erlebens und Schaffens von Kunst während zweier Jahrtausende.

Oben: Bilderflut und «Bildersturm» in der arabischen Welt (19. bis 21. Jh.) Vortrag vom 24.3.2022 zur Ausstellung «Im Namen des Bildes» Referentin: Prof. Dr. Silvia Naef, Universität Genf

Durch die Einführung neuer Techniken der Bilderproduktion ab dem 19. Jahrhundert (Buchdruck, Fotografie, akademische Malerei und Skulptur, später Kino und Video) nimmt die Anzahl Bilder jeglicher Art in der arabischen Welt drastisch zu. Dies in einem Kontext, in dem figürliche Darstellungen – entgegen der landläufigen Meinung – nicht verboten, jedoch selten waren. Wie wird damit in verschiedenen gesellschaftlichen Kreisen umgegangen? Gibt es Unterschiede je nach Bildergattung (Gemälde, Fotografie, Film oder Video)? Auf diese Fragen soll – nach einer kurzen historischen Kontextualisierung – mit spezifischen Beispielen eingegangen werden.

Oben: Bilder im Kult – Objekte im Ritual und die Bilderfrage im lateinischen Westen Vortrag vom 6.4.2022 zur Ausstellung «Im Namen des Bildes» Referentin: Prof. Dr. Beate Fricke, Universität Bern

Objekte, die in Ritualen im Christentum eingesetzt wurden, waren zunächst mit Symbolen und abstrakten Ornamenten geschmückt. Das zweite biblische Gebot und die Abgrenzung von anderen Religionen führte erst nach und nach zu eigenen Bildern und einer visuellen Kultur, in der Bilder eine immer wichtigere Rolle spielten. Am Beispiel von Weihrauchfässern, Reliquiaren und Kreuzen wird der Vortrag diese Entwicklung im ersten Jahrtausend im lateinischen Westen nachzeichnen. Die Rolle von anikonischen und ikonischen Objekten im lateinischen Westen wird mit Blick auf die Unterschiede zur islamischen und byzantinischen Kultur diskutiert werden.

Oben: Seeing is Believing is Seeing – Über die Wirklichkeit und ihre Abbildung im digitalen Zeitalter Vortrag vom 20.4.2022 zur «Im Namen des Bildes» Referent: Dr. h.c. Gerfried Stocker, Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer von Ars Electronica, Linz

Als «Pencil of Nature» bezeichnete 1844 einer der Pioniere der Fotografie, William Henry Fox Talbot, die gerade erst in die Welt gebrachte bildgebende Technologie und brachte seine Begeisterung über die absolute Authentizität dieser neuen, vom Licht der Natur selbst erschaffenen Bilder zum Ausdruck. Wir mussten aber nicht erst bis in unsere Tage der digitalen Bildbearbeitung warten, um zu erkennen, dass es vielmehr die Möglichkeiten der Manipulation der Wahrnehmung von Wirklichkeit waren, die dieses Medium so wirkungs- und machtvoll werden liessen. Mit jedem Iterationszyklus der technischen Verbesserung sind auch die Manipulationsmöglichkeiten gestiegen und mittlerweile können wir mit den avancierten Methoden des maschinellen Lernens die Wirklichkeit nicht bloss täuschend ähnlich nachbilden, sondern beliebig frei erfinden. Im Zeitalter von Social Media und Artificial Intelligence folgen dem «Fake», also der Fälschung von Realität, die «Manufactured Realities» und abermals stellt sich die Frage: «Können wir unseren Augen trauen?»

The Prophet as a „Sacred Spring“: Late Ottoman Hilye Bottles Online Lecture in English from April 27th 2022 on the occasion of the exhibition „In the Name of the Image“ Speaker: Prof. Christiane Gruber, University of Michigan, Ann Arbor

Along with the Prophet’s relics, verbal icons of Muhammad known as hilyes count among the most popular forms of religious art during the late Ottoman period. While paintings have been the subject of scholarly inquiry, an otherwise little-known type of hilye production involves the insertion of verbal icons into transparent glass bottles. This talk explores a selection of such hilye bottles as well as their possible origins in Christian sacred springs in Constantinople/Istanbul. Within Muslim devotional settings and hydrotherapeutic traditions, however, hilye bottles crafted a new kind of prophetic pharmacon, in which Muhammad was art fully concretized as the ultimate elixir vitae.

Mehr unter: www.rietberg.ch

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