Schicksalsjahr 1938: Die Epoche des deutsch-jüdischen Judentums ging zu Ende – auch in der Kunst. Novemberpogrome, die Ausstellung „Entartete Kunst“ , NS-Kulturpolitik. Jüdische Kunsthändler und Künstler*innen wurden diffamiert und ermordet. Andere profitierten und arrangierten sich. Eine Ausstellungen über den Kunstbetrieb im Nationalsozialismus

Mit dem „Anschluss“ Österreichs im März und der Besetzung des Sudetenlandes durch deutsche Truppen im Oktober gerieten viele Juden unter die nationalsozialistische antisemitische Herrschaft. Die Pogrome im November 1938 trafen ganz unmittelbar fast alle in Deutschland und Österreich lebenden Juden und Jüdinnen. Was ihnen an Brutalität widerfuhr, geschah in aller Öffentlichkeit. Es beteiligten sich so viele Menschen daran, dass die deutsche Gesellschaft von nun an eine andere war.

In der Ausstellung zum Jahreswechsel 2013/2014, einer Kooperation des Jüdischen Museums und des Fritz Bauer Instituts, konzentrierte sich das Museum bewusst auf einen kulturellen und gesellschaftlichen Bereich, der durch seine Objekte anschaulich präsentierbar war: den Kunstbetrieb. Was 1938 geschah, schlug sich in den Lebensläufen von Künstlern, Sammlern, Händlern, Kritikern und Museumsmitarbeitern nieder. Die Ausstellung zeigt, wer Opfer, Täter und Zuschauer wurde. Nach dem „Anschluss“ wurden in Wien etwa zahllose jüdische Sammlungen von den Nationalsozialisten geplündert. Der bekannte jüdische Kunsthändler Hugo Helbing wurde im November bei den Pogromen so schwer verletzt, dass er kurz darauf starb. Wer von den Gewalttaten profitierte, zeigt sich im Kunstbetrieb sehr deutlich.

Sandra Vacca

Die Ausstellung versammelte die Werke von verfolgten Künstlern wie Lotte Laserstein, Elfriede Lohse-Wächtler oder Jankel Adler. Gezeigt wurden auch Arbeiten von NS-Künstlern wie etwa Werner Peiner oder Edmund Steppes. Die gängige Vorstellung, im Zentrum der nationalsozialistischen Kunstpolitik hätte die Verfolgung der Avantgarde gestanden, sollte korrigiert werden. Das Ziel der Kunstpolitik im Nationalsozialismus war, restlos zu kontrollieren, wer am Kunstbetrieb teilnimmt. Über die Partizipation entschieden vornehmlich rassepolitische Kriterien. Die vollständige „Arisierung“ des Kunstbetriebs wurde 1938 durchgesetzt – mit Folgen bis weit in die Nachkriegszeit hinein. Mit dieser Ausstellung soll auch gerade auf die anhaltende „Vertreibung“ jüdischer Künstler, Kunsthändler, Kritiker und Museumsfachleute aus dem deutschen Kunstbetrieb aufmerksam gemacht werden. Viele von den 1938 verfolgten jüdischen Künstlern wurden auch nach 1945 nicht mehr in Deutschland gesammelt oder sonst stärker rezipiert.

Mehr unter juedischesmuseum.de

Abonniere unseren Newsletter