Einer Forschungsausstellung beim Entstehen zuschauen. „Alle antreten! Es wird geknipst!“ Private Fotografie in Österreich 1930-1950

Wir wissen nicht, wer diese Leute waren, die irgendwann in den 1930er Jahren in Österreich in die Linse der Kamera schauten oder daran vorbei. „Alle antreten! Es wird geknipst!“ wurde in dem erheblich später angelegten Album über dem Gruppenbild vermerkt – neckisch wird hier ein Kommandoton persifliert und lässt erkennen, dass solche Fotografien zwar privat waren und doch auch ein Medium der Kontrolle. Wer da wen und wie kontrolliert, ist nicht leicht erkennbar und selten eindeutig; auffällig ist jedoch, wie sehr die private Fotografie vermeidet, etwas von der Politik und Geschichte dieser Jahre aufzunehmen. Fast alle Bilder erzählen etwas aus dem guten Leben in einer heilen Welt mit Silbernen Hochzeiten, geselligen Abenden, Wochenendausflügen und weihnachtlichen Gabentischen.

Die Ausstellung „Alle antreten! Es wird geknipst!“ befasst sich mit der Rolle der privaten Fotografie von 1930 bis 1950 in Österreich, zwei Jahrzehnten also, die durchzogen sind von Brüchen – der kalte Staatsstreich des Austrofaschismus, die Niederschlagung des sozialistischen Widerstands und der gescheiterte Putsch der Nazis, „Anschluss“, Weltkrieg, Shoah und schließlich Niederlage, Befreiung und Besetzung durch die alliierten Truppen. Davon gibt es viele Bilder, die in Büchern und Ausstellungen zu sehen sind. Doch die private Fotografie dieser Jahre scheint andere Aufgaben zu haben als die, den Einbruch von Politik und Geschichte für die familiären Erzählungen aufzuzeichnen.

Kuratoren: Mag. Herbert Justnik, Leiter Fotosammlung Volkskundemuseum Wien
Dr. Friedrich Tietjen, Fotohistoriker

Mehr unter www.volkskundemuseum.at

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