Stephen Shore . Retrospektive
Das Wesen der Dinge – wie kann dieses fotografisch ausgelotet werden? Wie zeigt man das, was die Welt im Inneren zusammenhält und nicht nur dessen Abbild oder Schein? Immaterielles ist nicht unmittelbar dokumentierbar. Kulturelle Strömungen und Zusammenhänge manifestieren sich insbesondere in alltäglichen Situationen, banalen Gegenständen, unscheinbaren Landschaften oder gesichtslosen Orten. In seinen fotografischen Serien registriert, konserviert und reflektiert Stephen Shore diese Spuren menschlichen Lebens, die normalerweise übersehen und nicht als bildwürdig betrachtet werden. Als Chronist des Unspektakulären macht er die Strukturen und sensiblen Zusammenhänge unserer westlichen Kultur sichtbar. So wird der Akt des Fotografierens zum Versuch, sich seiner Selbst und seiner Umwelt zu vergewissern und durch Beobachtung tiefere Erkenntnis zu erlangen. Gleichzeitig ist es das Bestreben, das Medium Fotografie zu verstehen und neu zu denken.
Ulrich Wüst Stadtbilder / Spätsommer / Randlagen
Menschenleere Architektur, Gegenstände des alltäglichen Lebens, eine Frau und zwei Männer mit Koffern und Taschen, die aufs offene Meer schauen – absurde Situationen ohne sichtbare Zusammenhänge. Mit analytisch-puristischem Blick erzählt Ulrich Wüst in schwarz-weißen Bilderzyklen sein persönliches Erleben vor, in und nach der Wendezeit und liefert damit zugleich visuelle Kommentare zu einem signifikanten Kapitel deutscher Geschichte. Der 1949 im Magdeburg geborene Fotograf folgt einem durchdachten Bildprinzip zwischen vermeintlicher Objektivität und subjektiv-subversiver Detailgenauigkeit. Die in Inhalt und Größe intimen Fotografien präsentiert Ulrich Wüst als Einzelbilder an der Wand oder als Bildsequenz in handgefertigten Leporellos. Sein Werk wird heute im Kontext von renommierten amerikanischen Fotografen wie Lewis Baltz, Ed Ruscha oder Stephen Shore gelesen. C/O Berlin zeigt 130 zum Teil unveröffentlichte Arbeiten aus den Serien „Stadtbilder“, „Spätsommer“ und „Randlagen“. Zur Ausstellung, die von Katia Reich und Felix Hoffmann kuratiert wurde, erscheint eine Publikation im Kehrer Verlag.
Peter Puklus . Unsafe to Dance
Vor. Zurück. Stop. Remix. Fokus. Perspektivwechsel. Wiederholung. Verstehen. Peter Puklus lotet permanent unseren Bildkosmos aus – er kartografiert und hinterfragt die äußere Galaxie und sein inneres Universium. Spielerisch bewegt er sich zwischen den Dimensionen, um das verborgene Wesen und die Wirkungsweise der Welt tiefer zu ergründen. Ausgangspunkt sind oft banale Objekte und Situationen des Alltags, die ihre eigentliche Funktion im Prozess der Visualisierung transzendieren und so neue Bedeutung erlangen. Denn Peter Puklus arrangiert Gegenstände immer wieder neu, setzt sie in Beziehung und fügt eigene Assozationen hinzu. Seine Bildserien sind Studien, Skizzenbuch und Erkenntnisreise zugleich, die formale Grenzen sprengen und den fotografischen Raum radikal erweitern. Sie folgen einem ganz eigenen Rhythmus und Muster – befreit von jeglicher Konvention, Chronologie oder logischer Abfolge. Open End.
Verónica Losantos . screen memories
Verónica Losantos besitzt keine Fotos aus der gemeinsamen Zeit mit ihrem Vater und nimmt diese Bilderlosigkeit zum Anlass, Erinnerungslücken selbst zu füllen. Mit ihrer künstlerischen Aneignung und Rekonstruktion sowie Assoziationen der Vergangenheit deckt Verónica Losantos die Flüchtigkeit und Unschärfe im Akt des Erinnerns auf.
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