Die internationale Gruppenausstellung Freeing the Voices im Kunsthaus Graz erforscht die Stimme als Medium der Selbstermächtigung, politischen Artikulation und Verbindung zwischen Mensch und Welt. Von Marina Abramovićs Schrei bis zum Summen einer Mücke – die Ausstellung zeigt eindrucksvoll, warum Zuhören heute radikaler ist als je zuvor.
In einer Welt voller Lärm, Desinformation und unterdrückter Meinungen setzt die Ausstellung Freeing the Voices ein kraftvolles Zeichen: Sie fordert zum Zuhören auf – nicht nur mit den Ohren, sondern mit voller Aufmerksamkeit und Bewusstsein. Eröffnet wird die Schau mit einem Schrei von Performance-Ikone Marina Abramović. Von dort entfaltet sich ein vielstimmiges künstlerisches Spektrum, das bis zur kaum hörbaren Stimme einer Mücke reicht – hörbar nur durch radikales Zuhören, wie es im Werk von Tao G. Vrhovec Sambolec erfahrbar wird.
Das Thema der Stimme wird hier nicht als statisches, persönliches Merkmal verhandelt, sondern als politisch und gesellschaftlich aufgeladene Dimension. Angesichts globaler Krisen, autoritärer Tendenzen und der Erosion öffentlicher Diskurse reflektieren die Arbeiten die Dringlichkeit, marginalisierte, verdrängte und nicht-menschliche Stimmen hörbar zu machen – und ihnen zuzuhören.
Die über 30 Künstler*innen – darunter Lawrence Abu Hamdan, VALIE EXPORT, Saodat Ismailova, Belinda Kazeem-Kamiński, Mladen Stilinović und viele mehr – dekonstruieren den Mythos einer „authentischen“ Stimme. Stattdessen zeigen sie, dass Stimme immer in Beziehung steht – zur Gesellschaft, zur Geschichte, zur Umwelt. Befreiung bedeutet hier nicht Selbstverwirklichung, sondern kollektive Artikulation, poetischer Widerstand, atmen, murmeln, singen.
In dieser Ausstellung wird Stimme zum politischen wie sinnlichen Instrument. Sie verweigert sich einfachen Wahrheiten und bringt stattdessen plurale, oft unbequeme Realitäten zum Klingen. Freeing the Voices macht erfahrbar, dass jede Stimme zählt – aber erst das Zuhören sie befreit.
Mehr unter: www.museum-joanneum.at