Anja Manfredis ATLAS ist ein Langzeitprojekt, an dem die 1978 in Lienz geborene und in Wien lebende und arbeitende Künstlerin seit 2019 arbeitet. Aby Warburgs Bilderatlas Mnemosyne bildet dabei einen wichtigen Bezugsrahmen. Der Atlas als visuelles Kompendium und mythologische Figur bedingt eine unerschöpfliche Assoziationskette, auf deren Spuren sich die Künstlerin mittels analoger Fotografie heftet und dabei verschiedene Gesten des (Er)Tragens, des Empowerment und der Solidarität sichtbar macht.
Vom Atlasgebirge in Marokko und dem der Farnese-Atlas aus Marmor in Neapel, bei dem es sich um die älteste existierende Atlas-Darstellung der Welt handelt, über die Karyatiden, die weiblicher Lastenträgerinnen, die auch in Wien, unter anderem am Parlament oder bei Hauseingängen verschiedener Palais in der Innenstadt, anzutreffen sind, bis hin zum Atlas-Wirbel, der als schädelnächster Halswirbel den menschlichen Kopf trägt und den Quallen, den faszinierenden „Medusen der Meere“, die den Atlantik bewohnen: Anja Manfredis visuelle Spurensuche loten den Atlas-Begriff richtiggehend aus.
Das Übersehene, das immer da war: Im städtischen Alltag sind wir von einem Geflecht von historischen und kulturellen Codes und Konnexen umgeben, denen wir zu wenig Beachtung schenken und deren Zusammenhänge wir vermehrt nicht mehr herstellen können. Auch darauf macht der ATLAS, den die Künstlerin selbst als eine „visuelle Form des Wissens“ charakterisiert, unmissverständlich aufmerksam.
Kuratiert von Lisa Ortner-Kreil
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