um achtzigsten Geburtstag des irisch-amerikanischen Künstlers Sean Scully widmet das Bucerius Kunst Forum dem Meister der Farbbahnen eine große Retrospektive – ein Fest der Formen, Farben und inneren Zustände. Über sechs Jahrzehnte künstlerischen Schaffens entfalten sich in dieser Ausstellung: großformatige Gemälde, fein nuancierte Papierarbeiten, Skulpturen von fast archaischer Wucht und Fotografien, die stille Dialoge mit Scullys Malerei eingehen.

Ab dem 8. April 2025 gibt es Early-Bird-Tickets – ein kleines Geschenk für jene, die sich früh auf diese Zeitreise begeben wollen.

Scully ist ein Künstler, dessen Werke zwar abstrakt scheinen, aber stets mit Geschichten durchdrungen sind. Seine berühmten Gemälde – mehrschichtig mit Öl aufgebaut, die Pinselstriche kraftvoll, fast trotzig – lassen sich lesen wie Tagebücher aus Farbe. Das Schachbrettartige, das Rasternetz aus Emotion und Struktur, zieht sich durch sein Werk wie ein roter Faden. Doch diese Retrospektive geht über das Bekannte hinaus: Sie zeigt einen Künstler, der experimentiert, der sich verändert, der das Leben in seine Kunst hineinlässt – auch in seinen Fotografien, die seit den 1960er Jahren entstehen und hier eine neue Lesart seines Werks eröffnen.

Der Ausstellung gelingt, was gute Retrospektiven leisten sollten: Sie erzählt nicht nur von Entwicklung, sondern vom Werden. Sie spürt jenen Übergängen nach, in denen sich ein Maler von der Figuration zur Abstraktion bewegte, über die scharfkantige Sprache des Hard Edge zur freien, intuitiven Form – und sich dabei treu blieb in seinem emotionalen Ausdruck. So werden auch frühe, kaum gezeigte Arbeiten präsentiert: Fragmente einer künstlerischen Identität im Aufbau.

Die abstrakte Malerei Scullys ist nie hermetisch. Sie ist durchlässig – für Erinnerungen, politische Ereignisse, Orte, Stimmungen. Sie lädt ein zum Dialog. Kindheit und Verlust, Reisen und Wiederkehr, Melancholie und Hoffnung: All dies findet sich zwischen den Linien, Feldern und Farbschichten seiner Werke. Die Ausstellung verwebt Kunst und Leben, Malerei und Text, Klang und Raum zu einem vielschichtigen Erlebnis. Besucherinnen und Besucher begegnen hier nicht nur einem Maler, sondern einem Erzähler mit Pinsel und Kamera.

Für Sean Scully ist nichts abstrakt. Was er malt, entspringt dem Innersten. Seine Werke sind Spiegelbilder eines Zustands, oft übermalt, neu gedacht – nie abgeschlossen. Auch das zeigt diese Ausstellung: Wie sich ein Werk wandeln kann, wie Bedeutung entsteht, vergeht, wiederkehrt.

Die Fotografien Scullys – Fassaden, Landschaften, architektonische Details – sind dabei mehr als nur Dokumente: Sie sind visuelle Fundstücke, Bausteine seiner Bildsprache, Erinnerungsanker für seine abstrakten Kompositionen.

Geboren 1945 in Dublin, aufgewachsen im Süden Londons, pendelt Scully heute zwischen New York, London und dem bayerischen Mooseurach. Von 2002 bis 2007 lehrte er an der Münchner Akademie der Bildenden Künste – ein Kapitel, das seine Verbindung zu Deutschland vertiefte. Seine künstlerische Handschrift – vertikale und horizontale Farbbahnen, mal klar konturiert, mal vibrierend in der Geste – ist längst ikonisch. Der Weg dorthin führte über viele Stationen: Von der Exaktheit des Klebebands bis zur frei gesetzten Linie, von kontrollierter Konstruktion zu emotionaler Öffnung.

2014 wurde er als erster westlicher ungegenständlicher Künstler in China mit einer Retrospektive geehrt, 2013 in die Royal Academy of Arts aufgenommen. Seine Werke finden sich heute in den großen Sammlungen der Welt, vom MoMA in New York bis hin zu privaten Kollektionen auf allen Kontinenten.

Auch außerhalb der Ausstellungsräume wird Scully in Hamburg sichtbar: Im Lichthof stehen zwei frei zugängliche Skulpturen, und vor dem Ausstellungshaus am Alten Wall erhebt sich seine monumentale Air Cage. Dieses Werk ist Teil eines städtischen Pilotprojekts zur Wiederbelebung der Innenstadt – Kunst im öffentlichen Raum, als Einladung zum Verweilen, zum Staunen, zum Innehalten. Gefördert vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, schlägt Scullys Skulptur eine Brücke zwischen künstlerischem Ausdruck und urbaner Wirklichkeit.

Sean Scully – ein Maler der Erinnerung, der Emotion, der Tiefe. Diese Retrospektive ist keine bloße Werkschau. Sie ist eine Einladung: zur Begegnung mit einem Künstler, dessen Bilder sprechen, fühlen, leben.

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