Carl Spitzweg (1808 – 1885) zählt zu den erfolgreichsten und beliebtesten deutschen Malern seiner Zeit. Doch die Beschaulichkeit seiner Bildwelten trügt, denn Spitzweg war ein genauer und kritischer Beobachter. Mit Humor und Ironie beschrieb er den biedermeierlichen Zeitgeist und entlarvte die Gesellschaft mit ihren bisweilen verschrobenen Auswüchsen, etwa in kauzigen Figuren wie Der Bücherwurm oder Der Kaktusfreund. Auch wenn er einen Wachsoldaten malte, der sein Strickzeug auf die Seite gelegt hat, um in die Ferne zu blicken – um dann doch nichts zu entdecken –, so liegt diesem witzigen Sujet eine durchaus politische Komponente inne: Der Maler macht sich lustig über die unnötigen militärischen Auswüchse im Deutschland des 19. Jahrhunderts. Unter Umgehung der Zensur und scheinbar harmlos legte Spitzweg politische Missstände offen. Und in dieser Lesart erweist sich auch Der arme Poet nicht einfach als romantische Dichterverklärung, sondern als schonungslose Zurschaustellung der Armut des Künstlers, stellvertretend für die Beengtheit der Kunst im Allgemeinen.

Die Ausstellung im Kunst Museum Winterthur vereint zahlreiche Schlüsselwerke des Münchner Meisters. Ikonische Gemälde wie Der arme Poet und zwei Fassungen von Der Bücherwurm werden durch Werke aus Privatbesitz ergänzt, die zum Teil noch nie öffentlich gezeigt wurden. Sein umfangreiches Œuvre spiegelt sich in den unterschiedlichen Werkgruppen – Figurenbilder, Landschaftsgemälde, Studien und Skizzen. Dank gewichtigen Leihgaben aus den bedeutendsten Sammlungen Deutschlands entsteht so ein umfassendes und gültiges Bild von Carl Spitzweg, der nun in seiner gesamten Breite und Tiefe erfahrbar wird.

Weitere Informationen: Kunst Museum Winterthur | Beim Stadthaus

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