Neben den britischen Inseln verfügt auch die nordwestfranzösische Bretagne über einen reichen Bestand an Steinkreisen, vor allem in einem eng eingegrenzten Gebiet zwischen Carnac und dem Golfe du Morbihan. Diese Region ist vor allem für die kilometerlangen Steinreihen bekannt. Hier gibt es keine Trilithen, wie in Stonehenge. Stattdessen wurden nahe der Steinreihen große, offene Plätze mit Menhiren eingehegt, die so genannten Cromlec’hs.

Diese Steinkreise“ sind jedoch nicht rund, sondern meist oval bis eiförmig, selten sogar rechteckig angelegt. Nur anhand historischer Unterlagen können Archäologen herausfinden, ob die heutige Form original ist oder das Monument im 19. Jahrhundert romantisch restauriert wurde. Bislang wurden die Cromlec’hs als Orte mit einer besonderen rituellen oder archäoastronomischen Bedeutung interpretiert. Konkrete Ausgrabungen, die neue Hinweise auf die Intention der Erbauer geben könnten, haben seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs jedoch nicht mehr stattgefunden. Zuvor allerdings, während der deutschen Besatzung der Bretagne, haben nationalsozialistische Archäologen unter dem Schutz bewaffneter Wehrmachtssoldaten an Steinkreisen in Carnac Forschungen durchgeführt. Die moderne Auswertung der erhaltenen Unterlagen zeigt, dass beispielsweise der Cromlec’h von Kerlescan jünger ist als die angrenzenden Steinreihen und vermutlich Menhire aus den Steinreihen gebrochen wurden, um den Cromlec’h zu errichten. Hatten die Steinreihen also ihre Funktion bereits verloren, als die Cromlec’hs erbaut wurden? Dies eröffnet ein weites Feld neuer Interpretationen.

Ähnliche Umrisse von ovalen Holzpalisaden um Langhäuser aus dem bretonischen Kernland lassen sogar – ganz im Gegensatz zum britischen Stonehenge – Reste von Hausstrukturen inmitten der bretonischen Cromlec’hs erwarten. Ob es sich hierbei um einfache jungsteinzeitliche Bauernhöfe oder gemeinschaftlich genutzte Ritualbauten handelt, steht zur Diskussion.

Mehr unter: www.lwl-landesmuseum-herne.de

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