Die Sommerausstellung im Gerhard-Marcks-Haus zeigt in diesem Jahr zwölf große Skulpturen aus Marmor, Travertin und Kalkstein des Bildhauers Dietrich Heller (geb. 1965). Seine Reihe interpretiert Michelangelos (1475-1564) Deckenfresken der Sibyllen und Propheten in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan, Rom. Vor zehn Jahren besuchte der Bildhauer zum ersten Mal diesen für ihn magischen Ort und war nachhaltig beeindruckt von den perspektivisch gemalten Figuren in den Fresken. Unmittelbar eingenommen über diese fast greifbare physische Präsenz erlebte Heller durch Michelangelos Malerei einen Impuls, der ihn in seiner eigenen Bildhauerei umtreiben sollte.

Wie behauptet sich eine Figur im Raum und mit welchen künstlerischen Mitteln lässt sich diese Wirkung verändern? Hellers Grundthema ist die räumliche Tiefe der Skulptur. Durch eine leichte Neigung des Steins nach vorn und einen auf die vordere Ebene gesetzten Fluchtpunkt erhält das massive Material eine Art »Zoom-Effekt« und eine eigene Dynamik. Bei der gewohnten Zentralperspektive laufen die gedachten Fluchtlinien auf einen Punkt im Hintergrund zu. Bei Hellers Skulpturen ist es umgekehrt: Er erzeugt Spannung, Wucht und Bewegung. Der Bildhauer kalkuliert mit den Sehgewohnheiten des Betrachters und lotet zudem aus, wann sich eine Form in der Wahrnehmung aufzulösen beginnt.

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