Jenseits der Grimasse: Franz Xaver Messerschmidt im Belvedere neu entdeckt

ranz Xaver Messerschmidt ist eine der exzentrischsten und faszinierendsten Figuren der Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts. Das Belvedere Museum, das den weltweit größten Bestand seiner Werke hütet, präsentiert die Ausstellung „Mehr als Charakterköpfe“ und wirft einen frischen Blick auf einen Bildhauer zwischen höfischem Glanz und radikaler Aufklärung.

Jeder kennt sie: die extremen, fast schmerzhaft verzerrten Gesichter der sogenannten Charakterköpfe. Doch Franz Xaver Messerschmidt (1736–1783) war weit mehr als der Schöpfer dieser bizarren Büsten. Die aktuelle Schau im Belvedere verortet ihn als einen Künstler an einer kulturellen und politischen Zeitenwende.

Porträtist der Elite

Bevor Messerschmidt sich seinen radikalen Mimik-Studien widmete, war er ein gefragter Bildhauer der High Society. Die Ausstellung rückt seine Porträts von:

  • Hof und Adel,
  • Wissenschaftlern und
  • Schriftstellern ins Zentrum.

Diese Werke sind weit mehr als bloße Abbilder; sie sind steingewordene Zeugnisse der gesellschaftlichen und geistigen Strukturen des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

Die Charakterköpfe: Ein Kind ihrer Zeit

Ein besonderes Anliegen der Ausstellung ist es, die ab etwa 1770 entstandenen Charakterköpfe von späteren Mythen zu befreien. Oft wurden sie als Ausdruck einer psychischen Erkrankung des Künstlers gedeutet. Die Schau zeigt jedoch, dass Messerschmidt tief in der Ideenwelt der Aufklärung verwurzelt war.

Das Interesse an Mimik und Physiognomie war ein Phänomen der Epoche. Durch Vergleiche mit Werken von Zeitgenossen wie Joseph Ducreux, William Hogarth und Jakob Matthias Schmutzer wird deutlich: Das Erforschen des menschlichen Antlitzes lag damals förmlich in der Luft.

Ein Jahrhundert im Belvedere

Das Belvedere besitzt nicht nur den größten Bestand an Messerschmidt-Werken weltweit, sondern zeigt diese auch seit über 100 Jahren in seiner Dauerausstellung. Diese Sonderausstellung bietet nun die Gelegenheit, die gewohnten Meisterwerke in einem völlig neuen Kontext zu erleben und ihre Bedeutung jenseits der „Grimasse“ zu verstehen.

Mehr unter: belvedere.at

Newsletter