Maurizio Cattelan erhält den Preis der Nationalgalerie 2026

Er schockt, irritiert und bringt zum Nachdenken: Maurizio Cattelan erhält den Preis der Nationalgalerie 2026. Seine Werke zwischen Humor und Ernst sind ab September 2026 in der Neuen Nationalgalerie zu sehen.

Der italienische Künstler Maurizio Cattelan wird mit dem Preis der Nationalgalerie 2026 ausgezeichnet. Damit würdigt die Jury einen der einflussreichsten und zugleich widersprüchlichsten Künstler der Gegenwart. Seine Arbeiten, die zwischen Skulptur, Installation und konzeptueller Praxis oszillieren, bewegen sich stets auf der Grenze zwischen Humor und Abgrund – sie sind scharfsinnig, ironisch und von tiefem Ernst durchzogen.

Mit der Auszeichnung ist Cattelans erste große Einzelausstellung in Deutschland verbunden, die zur Berlin Art Week im September 2026 in der Neuen Nationalgalerie eröffnet wird. Der ikonische Bau von Mies van der Rohe bietet dafür den idealen Rahmen: als Raum zwischen Moderne, Geschichte und Gegenwart.

Ein Künstler zwischen Witz und Wunde

Seit den frühen 1990er-Jahren gehört Cattelan (1960, Padua) zu den prägenden Stimmen der internationalen Kunst. Werke wie La Nona Ora (1999) – der von einem Meteoriten getroffene Papst Johannes Paul II. – oder Him (2001), ein betender Knabe mit dem Gesicht Adolf Hitlers, haben ihn weltbekannt gemacht. Sie zeugen von seiner Fähigkeit, gesellschaftliche Tabus und kollektive Traumata zugleich provokant und poetisch zu verhandeln.

Cattelan nutzt die Kraft des Schocks, um Fragen nach Schuld, Verantwortung und Erinnerung offenzulegen. Sein „comic existentialism“, die Verbindung von Komik und Tragik, macht seine Kunst zugänglich und unbequem zugleich – ein Spiegel unserer widersprüchlichen Zeit.

Begründung der Jury

Die internationale Jury – bestehend aus Emma Lavigne (Pinault Collection, Paris), Sam Keller (Fondation Beyeler, Basel) und Klaus Biesenbach (Neue Nationalgalerie, Berlin) – hebt die besondere Relevanz von Cattelans Werk im heutigen Kontext hervor:

„Cattelans Kunst verhandelt Themen wie Macht, Religion, Tod, Humor und Erinnerung – Fragen, die in Berlin mit seiner komplexen Geschichte besonders präsent sind.
Seine ironische Infragestellung von Autorität und Wahrheit ist aktueller denn je und regt dazu an, über Verantwortung, Erinnerung und gesellschaftliche Rituale neu nachzudenken.“

Mit seiner Co-Kuratorenschaft der 4. Berlin Biennale 2006 habe Cattelan, so die Jury, schon damals zur internationalen Positionierung Berlins als Zentrum der Gegenwartskunst beigetragen. Nun kehrt er als Preisträger in die Stadt zurück.

Neue Perspektiven auf Erinnerung und Macht

In einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung eröffnet Cattelans Kunst neue Denk- und Gesprächsräume. Sie zeigt, dass Provokation kein Selbstzweck ist, sondern ein Mittel, um festgefahrene Deutungen zu hinterfragen. Seine Arbeiten fordern dazu auf, Widersprüche auszuhalten – und Erinnerung als lebendigen Prozess zu begreifen, nicht als bloße Pflicht.

„Cattelan ist kein Künstler der Eindeutigkeit“, heißt es in der Jurybegründung. „Er macht Ambivalenzen sichtbar – und erinnert daran, dass Uneindeutigkeit eine Voraussetzung für kritisches Bewusstsein ist.“

Der Preis der Nationalgalerie – eine Institution des Wandels

Der Preis der Nationalgalerie, der 2026 sein 25-jähriges Bestehen feiert, gehört zu den bedeutendsten Auszeichnungen für zeitgenössische Kunst in Deutschland. Er wird von den FREUNDEN der Nationalgalerie ermöglicht und seit 2006 von BMW als Partner unterstützt.

Mit einem neuen Format feiert der Preis nun Premiere in der Neuen Nationalgalerie: Statt einer Gruppenausstellung steht künftig eine umfassende Einzelausstellung im Mittelpunkt, die herausragende internationale Positionen würdigt, die bislang noch nicht in Berlin gezeigt wurden.

Christian Kohorst, Vorsitzender der FREUNDE der Nationalgalerie, betont:

„Mit Maurizio Cattelan ehren wir einen Künstler, der gesellschaftliche Fragen mit Schärfe, Witz und Tiefsinn verhandelt. Dass seine erste große Einzelausstellung in Deutschland in der Neuen Nationalgalerie gezeigt wird, unterstreicht den Anspruch des Preises, internationale künstlerische Positionen nach Berlin zu bringen.“

Ausblick

Die Ausstellung von Maurizio Cattelan wird von Lisa Botti und Klaus Biesenbach kuratiert und im September 2026 in der oberen Halle der Neuen Nationalgalerie eröffnet – begleitet von der feierlichen Verleihung des Preises der Nationalgalerie zur Berlin Art Week.

Ein Ereignis, das Kunst, Humor, Provokation und Nachdenklichkeit vereint – und Cattelans Werk in seiner ganzen Ambivalenz neu beleuchtet.

Mehr unter: preis.freunde-der-nationalgalerie.de

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