Das Publikum und seine Rolle beim Entstehen eines Kunstwerks stehen im Zentrum der Ausstellung Duett mit Künstler_in im 21er Haus. Historische und aktuelle Positionen zeigen, wie Künstlerinnen und Künstler Menschen aktivieren und zur Handlung auffordern.
Erwin Wurm
Erwin Wurm lotet mit seinem Werk die Grenzen der Bildhauerei aus. Den klassischen Skulpturbegriff stellt er auf vielfältige, oft humorvolle Art und Weise infrage, wenn er die Grundprinzipien der Skulptur wie Masse, Volumen, Statik und Proportionen neu interpretiert und um soziale, zeitliche und interaktive Aspekte erweitert. In den One Minute Sculptures trennt er seine künstlerische Autorschaft von der Umsetzung, indem er Handlungen von anderen ausführen lässt. Die Aktionen bieten dabei die Möglichkeit, über das eigene Tun zu reflektieren und mit anderen in Kontakt zu treten. Auf die Sockel gezeichnete Piktogramme und kurze handschriftliche Instruktionen des Künstlers laden die Besucher_innen dazu ein, für eine Minute selbst zum Exponat der Ausstellung zu werden. Für Organization of Love agiert man zu zweit und klemmt Bürsten und Reinigungsmittelflaschen zwischen sich und sein Gegenüber. Oder man steckt den Kopf in den Ärmel. Anderen Handlungsanweisungen kann man aber ausschließlich mit dem eigenen Körper nachkommen – indem man sich im Vierfüßlerstand positioniert und so zum Hund wird. Oder indem man sich mit ausgestreckten Beinen aufrecht hinsetzt, die Luft anhält und an den Philosophen Spinoza denkt.
Rirkrit Tiravanija
Der in Buenos Aires geborene und in Thailand und Kanada aufgewachsene Rirkrit Tiravanija konstruiert mit seinen Arbeiten soziale Räume und Situationen, um damit einen kommunikativen Prozess in Gang zu bringen. Mit der Ausführung alltäglicher Handlungen will Tiravanija den White Cube des Ausstellungsraums umfunktionieren und für alle zugänglich machen. Seine Installation Ohne Titel 2015 (MORGEN IST DIE FRAGE) verweist auf den für einen Monat existierenden „J.K. Ping-Pong Club“ des slowakischen Künstlers Július Koller aus dem Jahr 1970. Als Statement gegen das damalige politische System ließ Koller die Besucher_innen im Fair-Play miteinander in einen kommunikativen Austausch treten. Auf Tiravanijas Tischtennisplatten sind mit Siebdruck in großen farbigen Lettern die Worte „Morgen ist die Frage“ aufgebracht. Bei dem Zitat handelt es sich um den Titel eines Albums des US-amerikanischen Jazzmusikers Ornette Coleman, das im Zusammenspiel mit den auf den Tischtennisschlägern angebrachten Fragezeichen neu konnotiert wird. Den Künstler interessiert, wie Teilnehmer_innen zu dem Punkt gelangen, in einem vorgegebenen Raum die Initiative zu übernehmen und ihre Zeit darin selbst zu organisieren. Pingpongspielen erwünscht!
David Shrigley
Skulptur und Installation, Animation, Malerei, Fotografie und Musik – der schottische Künstler David Shrigley arbeitet mit einer Vielzahl von Medien. Im Zentrum seines künstlerischen Schaffens stehen allerdings kindlich anmutende Zeichnungen mit schwarzhumorigen, satirischen Schilderungen banaler wie absurder Lebenssituationen. Für die fortlaufende Werkserie Life Model lädt der Künstler die Besucher_innen ein, sich selbst im Zeichnen zu versuchen, und bietet dafür das entsprechende Setting. In die Mitte der raumfüllenden Installation positioniert Shrigley das Life Model, das entgegen dem Titel weder lebendig noch realistisch ist. Im 21er Haus ist es die Darstellung einer Frau in Form einer überlebensgroßen Puppe mit grotesken Zügen und unproportionalem Körper, die hin und wieder mit den Augen klimpert. Stühle und Staffeleien können genutzt werden, um die Figur auf Papier festzuhalten. Die Zeichnungen werden anschließend an den Wänden angebracht und Teil des „Life Model Projects“. Shrigley schafft damit eine humoristische Interpretation der Aktmalerei mit Lebendmodell. Sein Werk lebt weiters von der Partizipation und der Erweiterung durch die Besucher_innen und hinterfragt Autorschaft, Imitation und die Rolle der Künstlerin/des Künstlers im Allgemeinen.
Rodney Grahahm
Seit den 1970er-Jahren verknüpft der kanadische Künstler Rodney Graham Film, Fotografie, Installation, Performance, Musik, Malerei und Literatur miteinander. Sigmund Freud, Edgar Allan Poe und Richard Wagner, aber auch Kunst- und Filmgeschichte bilden wichtige Referenzrahmen. Historische Ereignisse, Narration und Selbstinszenierung werden bei Graham häufig kurzgeschlossen. So auch in Phonokinetoscope: Hier gibt es Verweise auf frühe Versuche Thomas Alva Edisons, Film und Ton zu verbinden, sowie auf die Fahrradtour des Schweizer Chemikers Albert Hofmann nach LSD-Einnahme. Der 16mm-Film zeigt den Künstler selbst auf dem Fahrrad im Berliner Tiergarten. Wenige Mittel, wie eine Spielkarte, eine Thermosflasche, ein Fahrrad und ein LSD-Trip, reichen für eine amüsante, lockere Erzählung, die aber einer genauen Komposition folgt. Der Soundtrack, geschrieben und gespielt von Graham, löst weitere Assoziationsketten aus. Durch das Setzen der Nadel auf den Plattenspieler lösen die Besucher_innen individuell ein Zusammenspiel von Film und Soundtrack aus. Aufgrund der unterschiedlichen Längen von Film und Tonspur kann beim Betrachten eine Veränderung der Wahrnehmung und des Zeitempfindens ausgelöst werden.
Teaser - #duetwithartist21
Kunst als wesentlichen Teil des Lebens zu denken, an dem „alle“ teilhaben können, ist nicht nur grundlegend für das Kunstverständnis des 20. und 21. Jahrhunderts, sondern gehört zu den fundamental demokratischen Werten unserer Gesellschaft. Duett mit Künstler_in etabliert das Museum als zentralen Ort der Partizipation und zeigt über 20 internationale künstlerische Positionen, die Interaktion, Kooperation und bisweilen auch Kollaboration einfordern.
Die Ausstellung thematisiert und fordert die aktive Mitarbeit der Besucher_innen und regt zu einer kritischen und schöpferischen Haltung an. In manchen Situationen lösen die Betrachter_innen eines Werkes eine künstlerischen Handlung aus oder werden selbst zum Kunstobjekt. So können von bestimmten Arbeiten evozierte Vorstellungen genauso zum Kunstwerk werden wie das Ausführen von Handlungsanweisungen oder die Kollaboration mit anderen. Die Ausstellungssituation öffnet die Institution Museum, indem sie soziales Handeln einfordert und Raum für Begegnungen schafft.
Kunst als wesentlichen Teil des Lebens zu denken, an dem „alle“ teilhaben können, ist nicht nur grundlegend für das Kunstverständnis des 20. und 21. Jahrhunderts, sondern gehört zu den fundamental demokratischen Werten unserer Gesellschaft. Duett mit Künstler_in etabliert das Museum als zentralen Ort der Partizipation und zeigt über 20 internationale künstlerische Positionen, die Interaktion, Kooperation und bisweilen auch Kollaboration einfordern.
Die Ausstellung thematisiert und fordert die aktive Mitarbeit der Besucher_innen und regt zu einer kritischen und schöpferischen Haltung an. In manchen Situationen lösen die Betrachter_innen eines Werkes eine künstlerischen Handlung aus oder werden selbst zum Kunstobjekt. So können von bestimmten Arbeiten evozierte Vorstellungen genauso zum Kunstwerk werden wie das Ausführen von Handlungsanweisungen oder die Kollaboration mit anderen. Die Ausstellungssituation öffnet die Institution Museum, indem sie soziales Handeln einfordert und Raum für Begegnungen schafft.
Mit Arbeiten von Vito Acconci, Robert Barry, Joseph Beuys, stanley brouwn, Angela Bulloch, John Cage, Claus Föttinger, Rodney Graham, Hans Haacke, Christine Hill, David Horvitz, Pierre Huyghe, Yves Klein, Tomas Kleiner, Krüger & Pardeller, Mischa Kuball, Dieter Meier, Bruce Nauman, Yoko Ono, OPAVIVARÁ!, David Shrigley, Gabriel Sierra, Juergen Staack, Rirkrit Tiravanija, Wolf Vostell, Franz West und Erwin Wurm.
Mehr unter www.21erhaus.at